Extelligente Medien

Mit den britischen Wissenschaftlern und Science-Fiction-Autoren Jack Cohen und Ian Stewart wird die Idee der Noosphäre an den Begriff der extelligenten Medien angeknüpft und weiterentwickelt.

Cohen und Stewart entstammen den Wissenschaftsdisziplinen der Mathematik und der Biologie. Sie greifen unter anderem auf die Idee des Phasenraums zurück und bauen diese zum extelligenten Raum aus. Der Phasenraum beschreibt die Menge aller möglichen Zustände eines physikalischen Systems. Figments of Reality: The Evolution of the Curious Mind (New York 1997) ist ein Buch über die Entwicklung des intelligenten und bewussten menschlichen Geistes.

In der Konzeption der extelligenten Medien werden demnach die Gehirne der Menschheit in die von den Menschen geschaffenen Infrastrukturen ausgelagert und finden sich dort als Erweiterung des menschlichen Geistes in Städten, Bibliotheken und Kommunikationsnetzen – aber auch in Politik und Kultur. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die kulturellen und technischen Errungenschaften nicht allein durch die bloße Weiterentwicklung der Intelligenz des Menschen, sondern insbesondere durch die Fähigkeit entstehen, Erfahrungen über Geschichten weiterzugeben.

Extelligenz sei das kulturelle Kapital, das in Form von Stammes-Legenden, Folklore, Kinderliedern, Büchern, Videokassetten, CD-ROMs und sämtlichen Folgetechnologien und Mythen kontinuierlich wachse. Mit zunehmender Auslagerung wachse damit zugleich aber auch die Verbundenheit der Menschen. Kulturelle Evolution sei Extelligenz.

Ein Gegenbeispiel seien Delfine. Diese seien zwar intelligente Wesen und hätten sogar (Selbst)bewusstsein, aber ihnen fehle die Möglichkeit der Extelligenz: Die Ozeane würden nicht die Möglichkeiten bieten, die für die Entwicklung von Technologien nötig seien. So könnten Delfine zwar miteinander kommunizieren, aber keine Delfin-Technologie entwickeln.

Darüber hinaus betrachten die Wissenschaftler die „Gehilfen“ der Intelligenz als grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung des Bewusstseins. Unter „Gehilfen“ verstehen sie einen Verbund an Komplexität. Es sei die enge Beziehung zwischen dem Wissen des Einzelnen und der Außenwelt, der Zusammenhang zwischen subjektivem Wissen, objektivem Wissen und den durch das Wissen verursachten Artefakten.

Der Siegeszug der Menschheit sei damit eine Geschichte der extelligenten Intelligenz. Einer der wichtigsten Aspekte ist der Weg, den das Individuum in Gemeinschaft mit dem „gepoolten“ menschlichen Wissen gehe.

Abb.: Mammalwatcher/CC
Delfine haben Bewusstsein, aber sie sind nicht extelligent.

 

Universalbibliothek

Die Vorstellung einer Universalbibliothek oder der „totalen Bibliothek“ als Ort aller erdenklichen Bücher – und damit aller erdenklichen menschlichen Geschichten – wurde im Jahr 1939 von Jorge Luise Borges in „Die Bibliothek von Babel“ beschrieben.

Die Idee entstammt der Science-Fiction-Literatur. Kurd Laßwitz – der als Vater der modernen Science Fiction gilt – beschreibt in seiner gleichnamigen Erzählung von 1904 eine Bibliothek, in der jedes denkbare Buch zu finden ist, weil die Bände durch Kombination der verwendeten Zeichen entstehen. Laßwitz nimmt 100 Zeichen als ausreichend an, um alles menschliche Wissen und Denken darzustellen. Da in seiner Erzählung jeder Band 1 Million Zeichen fasst, ergibt sich der Umfang von 102.000.000 Bänden. Die Erzählung zeigt jedoch auf, dass es praktisch unmöglich wäre, einen konkret benötigten Band aufzufinden. Außerdem besitzt diese Bibliothek zwar eine endliche Größe, aber zugleich benötigte sie mehr Raum als das reale Universum.

Die Universalbibliothek findet sich auch im Foundation-Zyklus des russisch-amerikanischen Biochemikers und Science Fiction Autors Isaak Asimov (1942) sowie bei Douglas Adams in Per Anhalter durch die Galaxis als Encyclopaedia Galactica (1979).

Der Gedanke der Extelligenz als noosphärisches Motiv scheint in der Universalbibliothek damit seine ästhetische Form zu finden.

Abb:. Mammalwatcher/gemeinfrei.

 

@UBIFACTS/2013