Abb:. Ubifacts

Swarm City

Im September 2015 erließ die Stadt Portsmouth im US-Bundesstaat New Hampshire eine Verordnung, wonach kommerzielle Ridesharing-Dienste wie Uber für illegal erklärt wurden. Es war eine Regulierungsmaßnahme durch staatliche Behörden. Christopher David war Fahrer bei Uber und derart empört, dass er als Aktivist eine Kampagne mit dem Titel „Free Uber“ startete. Er fand zwar eine Menge Unterstützer, wurde aber von Uber enttäusch, denn das Unternehmen kürzte einige Zeit später das Kilometergeld für Fahrer.

Arcade City

Daraufhin gründete Christopher David Arcade City.  Zwei Personen (ein Fahrer und ein Kunde) werden über eine zentrale App vermittelt und auf Blockchain-Basis entscheiden die Parteien selbst, zu welchen Bedingungen sie den Ridesharing-Dienst nutzen. Die Bezahlung kann in Folge Peer-to-Peer (mittels Kreditkarte, PayPal oder Bitcoin) stattfinden oder unentgeltlich über einen Gamification-Ansatz, wonach der Fahrer virtuelle Abzeichen oder andere Reputationen erhält. Der Mittelsmann – ein Taxiunternehmen oder eine Plattform wie Uber – wird ausgeschaltet. Der Personentransport soll damit revolutioniert werden.

Schwarm Aktivismus

Die Idee hinter derartigen Modellen der Sharing Economy wird gerne als „Schwarm Aktivismus“ bezeichnet. Schließlich haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass das Internet durch sein Many-to-Many-Prinzip jedem von uns grundsätzlich die Möglichkeit bietet, sich selbst einem breiten Publikum zu präsentieren. Aber es entstanden auch Formen gnadenloser Kollektivität, in der sich Meinungsmassen bündelten und im lawinenartigen Auftreten von Kritik endeten (Shitstorm). Der „Schwarm Aktivismus“ sei differenzierter, meinen seine Befürworter. Er lebe von der Vorstellung, dass viele Menschen gemeinsam etwas bewirken können. Das sei demokratisch. Denn nicht der pure Individualismus und nicht der gedankenlose Kollektivismus stünden im Vordergrund, vielmehr handle es sich um eine Mittelstellung zwischen dem Gemeinschaftlichen und dem Individualismus. Soweit die Theorie.

Wikipedia gemeinfrei
Charles Booth’s Labour and Life of the People. Volume 1: East London (London: Macmillan, 1889)

Gig Economy

Tatsächlich ist Arcade City jedoch ein weiteres Beispiel für die massiven gesellschaftlichen und technischen Veränderungen, wonach immer mehr Unternehmer auf der Basis der „gig economy“ agieren. Gemeint sind Geschäftsmodelle, bei denen Arbeitskräfte in der Regel keine Fixanstellung haben, sondern nach der Anzahl der Aufträge (Gig) bezahlt werden. Es gibt kein festes Einkommen, keine Versicherungs- und Vorsorgemodelle im Falle von Krankheit oder Alter.

Ethereum

Im Fall von Arcade City soll die Blockchain-Technologie nach dem Modell des Ethereum-Eco-Systems genutzt werden. Dezentralisierte Macht soll in die Hände der einzelnen (Fahrer) gelegt werden. Dezentralisation sei ein entscheidender Teil des Arcade-City-Raums.

Kritik

Doch ganz so glatt lief es dann letztlich doch nicht. Scheinbar gab es bei der Führung von Arcade City Uneinigkeiten. Manche – wie der Wertpapieranalyst Ivan Chen-O’Neill hielten Arcade City überhaupt für einen Scam – also einen breit angelegten Versuch, die Nutzer zu täuschen.

Schließlich übernahm Bernd Lapp die Führung von Arcade City. Dieser ist Gründer von Cryptocon, einer Beratungsfirma, die bei der Entwicklung von blockchain-basierten Business-Modellen berät. Und er ist Mitglied des Advisory Board von Ethereum und arbeitet in Zug (Schweiz) an der Entwicklung von Swarm City.

Trägt man die einzelnen Teile des Bildes zusammen, so muss man fragen: Wie unmittelbar und frei können Peer-to-Peer-Fahrgemeinschaften im Sinne einer echten Sharing Economy sein, wenn sie vom Cryptovalley Zug aus konzipiert und geplant werden? Auch wenn die Blockchain-Technologie zweifelsohne städtische Infrastrukturen  verändern kann …

 

Bildrechte: Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26694694

 

@Ubifacts 2017