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Enhancement – Die Verbesserung des Menschen

Die moderne medizinische Forschung entwickelt zunehmend Methoden und Verfahren, die die gewohnten technischen Möglichkeiten überschreiten und vervollkommnen. Dieser Prozess ist nicht allein von theoretischem Interesse, sondern impliziert neben Veränderungen innerhalb der Medizin zugleich gesellschaftliche und soziale Auswirkungen (hier wird die Sonderstellung der Medizin sichtbar).

Neuerungen in der Intensiv- und Transplantationsmedizin lassen uns bisherige Vorstellungen vom Ende des Lebens und Eintreten des Todes und damit zur Einführung neuer Terminologien wie des „Hirntodkriteriums“ sichtbar werden. Fortpflanzungstechnologien, Präimplantations- und Pränataldiagnostik eröffnen Einblicke und Manipulationsmöglichkeiten zu Beginn des Lebens, die nach dem moralischen Status ungeborenen Lebens fragen lassen. Was ist die Normalität? Wofür steht der Hippokratische Eid, der es dem Arzt untersagt, bestimmte Handlungen durchzuführen, da das verfolgte Ziel, die Heilung von Krankheiten und die Erhaltung oder Herstellung der Gesundheit sein soll. Alle anderen Ziele sind nachrangig zu behandeln.

Steve Man, Cyborg-Forschungsprojekt am MIT.
Steve Man, Cyborg-Forschungsprojekt am MIT.

Es fragt sich, wie das Wechselspiel zwischen „Therapie und Enhancement“ zu betrachten ist. Enhancement wird dabei verwendet, um biomedizinische Interventionen zu charakterisieren, die über die Heilung von Krankheiten und die Erhaltung von Gesundheit hinausgeht: dh chirurgische Eingriffe zur Verwirklichung kultureller oder individueller Schönheitsideale, pharmakologischer Manipulationen zur Herstellung größerer Leistungsfähigkeit oder höherer Angepasstheit in Schule und Beruf, und vielleicht eben eines Tages genetische Intervention zur Erzeugung bestimmter psychischer oder körperlicher Merkmale, die den Menschen zwar nicht gesünder machen, ihn aber näher an ein kulturell oder subkulturell vermitteltes Idealbild heranführen.

Die begriffliche Trennlinie zwischen Therapie und Enhancement ist somit bestimmt von den zugrunde gelegten Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit. Hier ist zu fragen, was gesund ist und was krank. Krank ist man, wenn man zum Arzt geht. Gesund, wenn einem nichts fehlt. Was sagt die Wissenschaft dazu?

Während das biomedizinische Modell Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit definiert, verstehen andere Modelle Gesundheit als einen idealen Zustand von Körper und Psyche, der gar keinen Raum mehr für weitere Verbesserungen –also „Enhancement“ lässt.  Eine solche maximalistische Vorstellung von Gesundheit lässt damit alle biotechnischen Verbesserungen als legitim erscheinen, wenn sie für das Individuum oder die Gesellschaft in irgendeiner Weise erstrebenswert erscheinen.

Eine derartige Verwendung der Dichotomie von Therapie vs Enhancement wirft mindestens zwei grundlegende Fragenkomplexe auf:

  1. Fragen ethischer Natur: was spricht aus ethischer Sicht für oder gegen Enhancement?
  2. Fragen wissenschaftsorientierter Natur: ist es überhaupt möglich, Therapie und Enhancement voneinander zu unterscheiden, und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Dabei ist die Beantwortung der zweiten Frage, ob eine Unterscheidung möglich ist, die Bedingung für die Formulierung der ersten Frage, was nämlich aus ethischer Sicht für oder gegen Enhancement spricht. Auf der anderen Seite erhält sie zweite Frage, ob sich Therapie und Enhancement voneinander unterscheiden lassen, ihre eigentliche Relevanz im Kontext der ersten Frage.
Was spricht gegen Enhancement? Grundsätzlich wir es von Vorteil sein, wenn Menschen länger leben, wenn sie gesünder leben, wenn sie sich verbessern können. Was also spricht aus der Sicht der Menschen, gegen ihre Erweiterung? Wie aber ist die wachsende soziale Kluft zwischen Supermenschen und normale Menschen einzustufen?

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